Smarte Lösungen, in Kombination mit einer 2000-Watt-Areal-Zertifizierung, bieten eine grosse Chance, um ein energieeffizientes, klimaschonendes Quartier mit einem attraktiven Umfeld für Bewohnende und Unternehmen zu gestalten. Die hier aufgeführten Themen und Beispiele zeigen, wie ein Areal smarter werden kann. Smarte Lösungen sind kein Muss für eine Zertifizierung. Sie können aber dazu beitragen, die Kriterien besser zu erfüllen.

Gute Beispiele

Vielfältige, nicht nur technologiebasierte Massnahmen tragen zu smarten Arealen und Quartieren bei. Das Massnahmen-Portfolio «Smarte 2000-Watt-Areale» beschreibt insgesamt 15 Bereiche für smarte Aktivitäten und stellt konkrete Beispiele vor. Sie sollen als Inspiration für smarte Lösungen im Quartiermassstab dienen.

6 dieser Bereiche und Beispiele sind hier exemplarisch aufgeführt:

    Mobility – Areal-Logistik

    Eine möglichst effiziente und umweltschonende Feinverteilung von Gütern innerhalb des Areals sorgt für eine hohe Dienstleistungsqualität und kurze Wege. So vermeidet sie unnötigen Verkehr, Lärm und Schadstoffe.

    Die Kurier-, Express und Paketsendungen (KEP) machen heute einen nicht zu vernachlässigenden Anteil am Logistik-Verkehrsaufkommen eines Areals aus. Es gibt Möglichkeiten, diese Lieferungen innerhalb des Areals effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten und gleichzeitig eine hohe Verfügbarkeit der Services und des Komforts für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie für Firmen zu erreichen. Dies geschieht am besten unter Einbezug des umliegenden Quartiers. Beispiele dafür sind Bring- und Holdienste, Lieferservices (Bsp. Brief und Pakete), Mikrodepots und Feinverteilung per (E)-Cargo-Bike oder Anhänger/Sackkarre oder die Förderung von Sammelbestellungen. Innerhalb des Areals können Pakettransporte durch die Bereitstellung von Empfangs- und Versandstellen für Hauslieferdienste effizient abgewickelt und gebündelt werden, wie z. B. durch einen Concierge-Service, eine Rezeption, Paketboxen und gekühlte Zwischendepots für Lebensmittel. Die Verfügbarkeit der Services und der Komfort für die Bewohnerinnen und Bewohner sollten hoch sein.

    People – Community Building

    Wenn sich Bewohnerinnen, Bewohner und Beschäftigte mit ihrem Areal identifizieren, stärkt das die Gemeinschaft. Sie achten mehr auf ihre Umgebung. Das ist eine gute Basis, um sie auch für eine energie- und klimaschonende Lebensweise zu sensibilisieren.
     

    Eine inspirierende, lebendige Wohn- und Arbeitsumgebung mit vielfältigen Interaktionen zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Beschäftigten entsteht nicht aus dem Nichts, sondern sie benötigt unterstützende Angebote, die zur Bildung der Gemeinschaft und zur Identifikation mit der Wohnumgebung und dem Unternehmen beitragen. Soziokulturelle Animations-Angebote, Freizeitaktivitäten, Begegnungsorte, Restaurationsbetriebe und thematische Treffpunkte wie Repair-Cafés geben den notwendigen Raum und fördern die Zusammengehörigkeit unter den Bewohnerinnen und Bewohner sowie Beschäftigten und die Inklusion von Personen mit gesundheitlichen oder sozialen Benachteiligungen. Zudem soll mit entsprechenden Angeboten der Austausch unter Personen aus unterschiedlichen sozialen Klassen, Hierarchiestufen, unterschiedlicher Muttersprachen sowie über die Generationen hinweg ermöglicht werden. Solche Gefässe können z. B. Koch-Gemeinschaften, Musik- oder Theaterformationen, Sprach-Tandems, Filmvorführungen, Casual Friday, Afterwork-Bier oder digitale Brücken zwischen Digital Natives und Digital Immigrants sein.

    Economy – Room Sharing-Angebote

    Flächen, die geteilt genutzt werden, sind besser ausgelastet und somit effizienter. Potenzial bieten z. B. Clusterwohnungen, Wohngemeinschaften, Gästezimmer oder flexible Arbeitsplätze. Areal-eigene Room-Sharing-Plattformen koordinieren das Angebot.

    Room Sharing ist ein Sammelbegriff für

    • Clusterwohnungen: private Klein-Wohnung und Gemeinschaftsbereich mit Küche, Wohnzimmer)
    • Grosshaushalt: Zusammenschluss von Wohnungen mit professioneller Küche (Koch/Köchin angestellt) sowie Ess- und Aufenthaltsraum
    • Gästezimmer/Wohnjoker: separates Zimmer mit Nasszelle, ohne Küche, das zu einer Wohnung hinzu gemietet wird
    • Hallenwohnen: Hallen nur mit Küche und Bad, ohne Wände, zum Selbstausbau
    • Externe Sitzungszimmer: bei Bedarf stunden-, halbtage- oder tageweise mietbar
    • Flexible Arbeitsplätze: Mitarbeitende können den Platz frei wählen

    Je nach Lage und Arealgrösse können Hostels als spezielle Form des Room Sharing das Angebot ergänzen. Eine areal-eigene Room-Sharing-Plattform trägt dazu bei, dass (freistehende) Räume sinnvoll genutzt werden, indem Informationen zu Angebot (Büros, Besprechungsräumen, Zimmern, Wohnungen etc.) und Nachfrage (Belegung/freie Kapazitäten) zur Verfügung stehen.

    Building und Environment – Smarte Energieversorgung

    Smarte Lösungen können den Energieverbrauch eines Areals optimieren. So lässt sich für Strom, Wärme und Elektromobilität ein möglichst hoher Anteil der vor Ort gewonnenen Energie nutzen.

    Ein optimierter Eigenverbrauch verbessert die Wirtschaftlichkeit der PV-Anlage, reduziert die Energiekosten auf dem Areal und leistet einen Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasemissionen.

    Massnahmen zur Eigenverbrauchsoptimierung (EVO) umfassen den Strom- und Wärmebereich und erfolgen durch Optimierungen des Gebäudeenergiesystems sowie der (integrierten) Elektromobilität. Sie erfolgen meist im Rahmen einer Energieverbrauchsgemeinschaft (EVG) oder einem Zusammenschluss zum Energieverbrauch (ZEV).

    Der Eigenverbrauchsgrad gibt an, wieviel Prozent der gesamten Solarstromproduktion zeitgleich lokal verbraucht wird (siehe «Leitfaden Eigenverbrauch» von Swisssolar). Wie hoch der Eigenverbrauchsgrad sein kann, hängt stark von der Nutzung (Wohnen, Arbeiten, Spital) und von den optimierten Gerätegruppen ab.

    In Haushalten sind folgende Eigenverbrauchsgrade möglich (Richtwerte):

    • mit optimierten Haushaltsgeräten: 30–40 %
    • mit zusätzlich optimierter Wärmeerzeugung: 40–60 %
    • mit zusätzlich optimierter Ladeinfrastruktur für Elektroautos: 50–70 %
    • mit zusätzlichem stationärem Batteriespeicher: bis über 70 %

    (Werte gemäss «Solarstrom Eigenverbrauch optimieren», EnergieSchweiz, 2017, S.11).

    Management – Open Site Data

    Um einen Beitrag an die Entwicklung neuer, nachhaltiger Gebäudetechniksysteme zu leisten, können Areale ihre Daten anonymisiert zur Verfügung stellen. Die Bereitstellung und offene Nutzung von Daten ist eines der Grundanliegen der Smart City Bewegung.

    In Smart Sites wird eine ausgereifte Haustechnik eingesetzt: Mittels Gebäudeautomation werden Heizung, Lüftung, Klima, Beleuchtung, Geräte gesteuert und deren Verbrauchsdaten und weitere Daten (Temperaturverlauf etc.) erfasst. Auch die Produktion von Photovoltaik-Strom und die Optimierung des Eigenverbrauchs werden digital gesteuert und die Daten dazu erfasst. Weitere Sensoren können diese Daten ergänzen: CO2-Gehalt und Luftfeuchtigkeit in Räumen, Bewegungsmelder, welche Bewegungsmuster und Nutzungsintensität aufzeichnen, Lichtintensität in Abhängigkeit vom Wetter im Tagesverlauf. Zudem werden periodisch Mobilitätsdaten erhoben. Diese Daten sind für Studien und Modellierungen z. B. für Forschung, Lehre, Bildung und Wirtschaft sowie für die Entwicklung neuer Anwendungen und Visualisierungen (z. B. an kollaborativen Software-Entwicklungs-Veranstaltungen wie Hack-Days) interessant. Damit die Daten durch Forschungsstätten und weitere interessierte Stellen und Personen verwendet werden können, müssen sie maschinenlesbar, in einem offenen Standardformat sowie gut dokumentiert sein. Zudem sollten sie auch möglichst aktuell sein. Zur Verwendung anonymisierte Daten können auf einer Daten-Plattform veröffentlicht werden. Um die Transparenz in der Datenverwendung sicherzustellen und der Öffentlichkeit eine Kontrolle zu ermöglichen, sind bei der Entwicklung von Applikationen und bei der Auswertung der Daten Open Source und freie Software zu bevorzugen.

    Living – Smarte Arealservices

    Mit Hilfe von neuen Technologien und Kreativität entstehen innovative Angebote. Sie können dazu beitragen, die Lebens- und Aufenthaltsqualität zu erhöhen und den Bewohnenden einen ressourcenschonenden Lebensstil ermöglichen.

    Digitale Anwendungen und Gadgets können in vielen Lebensbereichen Unterstützung bieten und den Komfort erhöhen. Ihre Anwendung stösst aber auch auf Widerstände und Ablehnung. Nicht alles ist sinnvoll und bietet wirklich Erleichterungen im Alltag an. In diesem Bereich geht es einerseits um etablierte Angebote an digitalen Funktionalitäten und Dienstleistungen sowie andererseits die Möglichkeit der Entwicklung und Erprobung neuer Anwendungen in einem Living Lab.

    Technologiebasierte Massnahmen können die Funktionalität des Aussenraums positiv beeinflussen: Durch smarte Beleuchtungssysteme wird die Sicherheit erhöht, durch Leitsysteme die Orientierung erleichtert, durch smarte Entsorgungsstationen die Abfallbewirtschaftung erleichtert und durch sogenannte Smart Benches, e-lounges oder ibenches diverse Dienstleistungen (Ladestationen für Smartphones, e-Bikes, Tablets) zur Verfügung gestellt. Smart Benches bieten zudem einen Internetzugang und sind dank Solarmodulen energieeffizient. Living Labs hingegen sind Experimentierräume, in denen in einer Alltagsumgebung Entwicklerinnen, Nutzende und Dienstleister gemeinsam Prototypen entwickeln und testen.

    Urban Farming als automatisierte, vollständige gesteuerte Produktionsumgebung (Gewächshäuser auf den Dachflächen, kombiniert mit Photovoltaik, automatisierte Bewässerungssysteme, Vertical Gardening, Umnutzung von leerstehenden Tiefgaragen oder als Circular urban food systems) ist die technologiegeprägte Variante von Urban Gardening und hat einen hohen Innovationsgehalt mit entsprechenden Risiken und Chancen und passt zum Zukunftspotential dieses Massnahmensets.

Passende smarte Lösungen finden

Mit dem Smart Site Tool können Arealträgerschaften einschätzen, wie smart ihr Quartier bereits geplant oder betrieben wird und sich weitere Ideen holen. Dabei soll das Tool dazu motivieren, smarte Massnahmen nicht isoliert zu betrachten. Der grosse Mehrwert entsteht dann, wenn smarte Lösungen untereinander vernetzt werden, die Arealträgerschaft sie in ein gesamtheitliches energie- und klimapolitisches Konzept einbindet und mit einer 2000-Watt-Areal-Zertifizierung kombiniert.