Zürich – Gut zu Fuss in Schweizer Städten
Welche Städte fördern das Zufussgehen, wo geht es sich angenehm? Das Projekt «GEHsund – Städtevergleich Fussverkehr» des Vereins umverkehR untersuchte 31 Schweizer Städte und Gemeinden auf ihre Fussgängerfreundlichkeit. Lesen Sie, wer warum eine goldene Schuhbürste gewann und was Ihre Gemeinde für mehr Fussverkehr tun kann.
Der Mensch ist zum Gehen gemacht. Doch viel zu selten nutzen wir die natürlichste aller Fortbewegungsarten. Dabei ist sie nicht nur ökologisch, sondern auch platzsparend und gesund – es sei denn, wir atmen dabei Abgase ein oder werden vom motorisierten Verkehr bedrängt.
Damit Zufussgehen tatsächlich gesund ist, braucht es eine passende Infrastruktur. Dazu gehören beispielsweise genügend breite, hindernisfreie Trottoirs, abgesenkte Randsteine oder behindertengerechte Treppen. Doch wie stehen die Schweizer Städte und Gemeinden diesbezüglich da? Gehen ihre Einwohnerinnen und Einwohner gerne zu Fuss? Wo gibt es Potenzial, und wie nutzen es Gemeinden am besten?
Städtevergleich in drei Phasen
Diesen Fragen ging das Projekt «GEHsund – Städtevergleich Fussverkehr» des Vereins umverkehR auf den Grund. Die Verantwortlichen untersuchten 31 Schweizer Städte und Gemeinden auf ihre Fussgängerfreundlichkeit. Ziel war es, Methoden zu entwickeln, um die Qualität des Fussverkehrs umfassend zu erheben und eine Datenbasis für Vergleiche zu schaffen.
Dazu schuf das Team drei Tools, die heute für jede interessierte Gemeinde verfügbar sind:
- Fussverkehrstest: Wie fussgängerfreundlich ist die Infrastruktur? Fachleute begehen Routen und beurteilen dabei unter anderem Trottoirs, Mischverkehrsstrecken und reine Fusswege sowie Querungen, Plätze und Haltestellen.
- Bevölkerungsbefragung: Wie zufrieden sind die Menschen mit den Möglichkeiten in ihrer Stadt oder Gemeinde? In der Umfrage fragt man Teilnehmende, wie sie sich zu Fuss verhalten, wie sie das Wegnetz beurteilen und welche Verbesserungen sie sich wünschen.
- Planungspraxis: Was tut eine Gemeinde, um den Fussverkehr zu fördern? Bei dieser Analyse prüfen Fachleute, welche Planungsinstrumente, Ressourcen, Netzwerke und Evaluationsmethoden sie dazu nutzt.
Bei den Bushaltestellen wird es oft eng
Jeder Aspekt ergibt eine Anzahl Prozentpunkte. Das Total bildet den «Score» jeder teilnehmenden Stadt. Nachfolgend die Resultate des Projekts «GEHsund»:
- Bei den 16 grösseren Städten erreichte Basel den Spitzenwert, mit 68 Prozent aller erfüllten Anforderungen. Auch bei der Planungspraxis schwang diese Stadt obenaus. Aarau lag bei der Infrastruktur an erster Stelle, und in Chur bei der Zufriedenheit der Bevölkerung. Neuenburg und Bellinzona sind in ihrer Sprachregion die jeweils fussgängerfreundlichsten Städte. Diese fünf Städte erhielten je eine «goldene Schuhbürste».
- Bei den 15 kleineren Städten und Agglomerationsgemeinden punktete Adliswil bei der Infrastruktur: Dort führen viele Wege nicht der Strasse entlang. Horgen hatte die besten Planungsgrundlagen, etwa Grünraumkonzepte, einen Fusswegenetzplan und Wettbewerbe zur Qualitätssteigerung. Die höchste Zufriedenheit wies Meyrin aus. Grund dafür ist laut Projektleiter Dominik Bucheli von Fussverkehr Schweiz nicht die Infrastruktur an sich, sondern die Veränderungen: «Meyrin hat in den 70er- und 80er-Jahren autoorientiert gebaut. Nun hat die Stadt an den Hotspots den Verkehr zurückgestuft. Das fällt den Leuten positiv auf.»
Defizite hatten die teilnehmenden Städte oft bei der Breite der Trottoirs. Besonders eng wird es bei Bushaltestellen, wo Fussgängerinnen und Fussgänger Wartende kreuzen. Auch sind Treppenwege noch selten für Mobilitätseingeschränkte ausgerüstet.
Das Nonplusultra: Breite Trottoirs, neue Grünanlagen
Von den bestbewerteten Städten und Agglomerationsgemeinden können sich andere eine Scheibe abschneiden. Mehr Fussgänger- und Begegnungszonen schaffen, den Fuss- und Veloverkehr trennen oder das Tempo des motorisierten Verkehrs reduzieren sind nur einige der Optionen.
Doch oft fehlen Zeit und Ressourcen oder auch der Platz, um zum Beispiel Trottoirs zu verbreitern oder neue Grünanlagen zu bauen.
Günstige Massnahmen mit Sofortwirkung
Gemeinden können laut Dominik Bucheli aber auch mit kleinem Aufwand etwas erreichen. Ein erster Schritt sei zum Beispiel, die Planungsgrundlagen zu überprüfen und zu ergänzen. Kostengünstig und einfach sei es auch, die Sitzgelegenheiten auf Fussrouten zu prüfen und an geeigneten Plätzen neue Bänke aufzustellen.
Mit Vorteil nehmen sich Gemeinden zuerst ihre Hotspots vor. An einer stark befahrenen Kreuzung die Wartezeit an der Ampel zu verkürzen, wirkt unmittelbar positiv und freut die Menschen, die zu Fuss unterwegs sind.
Führen Sie die Fussverkehrsanalyse in Ihrer Gemeinde selbst durch oder lassen Sie sich von einem Beratungsbüro unterstützen.
Nützliche Links
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Bildquelle: Fussverkehr Schweiz
Umgestaltete Quartierstrasse in Meyrin. Genauso wichtig wie durchgängige Trottoirs sind Infrastrukturen für den Aufenthalt.
Was Zufussgehen sicher und angenehm macht
Beim Fussverkehr ist die Sicherheit das A und O. Normen legen fest, wie Wege und Trottoirs gebaut sein müssen, damit die Nutzerinnen und Nutzer einander sicher kreuzen können. Neben der Breite sind Hindernisfreiheit oder abgesenkte Randsteine zwingende Kriterien. Optional, aber wichtig für die Motivation und das Wohlbefinden der Fussgängerinnen und Fussgänger sind wenig Lärm, Schatten und Grün. Zu einer guten Aufenthaltsfunktion tragen auch Sitzbänke und Brunnen bei.
Gesamtkosten Phase I: 350'000 Franken, davon 10'000 bis 15'000 Franken aus der jeweiligen Gemeindekasse, weitere Fördergelder von EnergieSchweiz (KOMO)
Gesamtkosten Phase II: 230'000 Franken, davon haben die 15 Städte je 9000 CHF bezahlt. Die übrigen Kosten haben das BFE und der Kanton Zürich finanziert.
Phase I (2018-2020) mit Fokus auf grösseren Städten: Aarau, Basel, Bellinzona, Bern, Biel, Chur, Genf, Lausanne, Locarno, Lugano, Luzern, Neuenburg, St. Gallen, Winterthur, Zug, Zürich
Phase II (2020-2022) mit Fokus auf Kleinstädte und Agglomerationsgemeinden : Adliswil, Allschwil, Bülach, Dübendorf, Emmen, Frauenfeld, Horgen, Lyss, Meyrin, Nyon, Olten, Renens, Sion, Thun, Uster
Beteiligte Gemeinden gingen aufgrund der Ergebnisse des Projekts konkrete Massnahmen an, zum Beispiel Temporeduktionen, Begegnungszonen oder ein Sitzbankkonzept. Weitere Gemeinden im Kanton Zürich haben nach Projektabschluss eine GEHsund-Analyse durchgeführt.
Die Verantwortlichen schufen Methoden und eine Datengrundlage, um den Fussverkehr in der Schweiz besser zu untersuchen und zu vergleichen. Die drei Werkzeuge stehen allen interessierten Gemeinden und Städten zur Verfügung, um selbst eine Fussverkehrsanalyse durchzuführen.
Das können Sie in Ihrer Gemeinde für den Fussverkehr tun:
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Hotspots angehen
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Planungsgrundlagen überprüfen
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Sitzgelegenheiten schaffen
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Richtplanrevision auch für Fussverkehrsförderung nutzen
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Bevölkerung befragen
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Fusswege begehen und Infrastruktur bewerten